Die dramatische Baugeschichte von Schloss Molsberg
Schloss Molsberg ist das Wahrzeichen eines Dorfes, des Westerwalds und einer ganzen Region. Davon ist Heimatkundler Volker Lemke (Berod) überzeugt. Sein Vortrag über die spannende Baugeschichte der Grafenresidenz, den er im Haus Pankratius in Molsberg hielt, war der dritte Teil der Vortragsreihe des Kulturfördervereins der Verbandsgemeinde Wallmerod.
Wie groß das Interesse an dem Schloss ist, zeigte das Kommen von mehr als 70 Zuhörern, zu denen sich auch Graf Emanuel von Walderdorff gesellte.
Dieter Ehinger, Geschäftsführer des Kulturfördervereins der Verbandsgemeinde Wallmerod, freute sich, dass Referent Volker Lemke (rechts) ein weiteres Mal die Vortragsreihe "Auf den Spuren der Vergangenheit" mit seinen Erläuterungen bereicherte.
Auf einer vorgelagerten Basaltkuppe des Eichbergs von Molsberg thront seit 250 Jahren das Familienschloss der Grafen von Walderdorff. Ein bedeutendes Familiengeschlecht hat hier seinen Sitz. Einer der bedeutendsten des adeligen Geschlechts war der Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann Philipp von Walderdorff.
Er wurde 1701 in Molsberg als achtes Kind geboren. Als Kurfürst (von 1756 bis zu seinem Tode im Jahr 1768) war er einer der mächtigsten Männer im Reich. Er lebt in der Zeit des Barocks, die gleichgesetzt wird mit der Epoche des Absolutismus, in der dem Herrscher eine uneingeschränkte Machtausübung in Gesetzgebung und Verwaltung zugeschrieben wird. Als "vom Himmel erkoren" wird er in einem Text von 1756 beschrieben. Die Molsberg-Münze aus dem gleichen Jahr zeigt die Inschrift "Ex alto altius" ("Aus Hohem zu Höherem"). Zu der Zeit war das bis dato existierende "Vorgängergebäude" - die alte Burg in Molsberg, die gar mit der Marksburg verglichen wurde - nicht mehr repräsentativ. Ein angemessener Familiensitz wurde angestrebt. 1760 wurde ein Bauvertrag mit Johann Dillmann geschlossen. Es wurde gebaut, während in zwei Etappen die alte Burg abgerissen wurde - eine große logistische Herausforderung. Letztlich wurde der Ursprungsplan zum Bau des Schlosses nur zu etwa 40 Prozent umgesetzt. "Pfusch am Bau" verzögerte das Fortschreiten und Johann Philipp verstarb vor der Fertigstellung - und mit ihm die Geldquelle. Andere Bauten jedoch hat er durchaus zustande gebracht.
Es war nicht einfach, die Baumaterialen nach Molsberg herbeizuschaffen, denn der Transportweg über das Wasser war nicht gegeben. Bis zu zehn Fuhrwerke am Tag brachten von Diez und Limburg die Baustoffe herbei: Bauschutt von Ehrenbreitstein, Kalk aus Trier, Holz aus Boppard, Eichenbretter aus Lahnstein, Steine aus Mendig oder Tannenholz aus Franken. Zudem wurden mehr als 100 000 Nägel geliefert. Der Baustein Trachyt kam aus Wölferlingen und Dahlen. Dieser Vulkanstein ist poröser als Basalt und ließ sich besser verarbeiten. Neben 15-20 Tagelöhnern waren Maurer, Kalkbrenner, Steinhauer, Strohschnitter, Wagen- und Hufschmied sowie Schlosser beschäftigt. Zwar wurden auch unentgeltliche Hand- und Spanndienste seitens der Bevölkerung eingefordert. Doch viele entzogen sich diesem Anspruch - unter dem Krummstab ließ es sich gut leben.
Doch nach vier Jahren war der Rohbau des Molsberger Schlosses noch ohne Dach und die Zwischenwände fehlten. Der Mainzer Architekt Dillmann hatte schlechte Materialien verwendet und unkorrekt abgerechnet. Die bettelarme Witwe eines Steinhauers bat 1769 die Reichsgräfin untertänigst, die ausstehenden Zahlungen endlich zu tätigen. Obwohl eine Kommission Dillmann "eklatante Mängel" vorwarf, hielt der Kurfürst am Architekten fest. Und es ging weiter mit dem Pfusch. Erst nachdem Tagelöhner ausführlich befragt wurden, was in ausführlichen Protokollen festgehalten wurde, wurde Dillmann auf Schadensersatz verklagt. Erst viele Jahre später zahlte er - aber nur 1000 Reichstaler. Von 1765-68 wurde dann Johannes Seitz für Molsberg tätig. Er musste die Dachkonstruktion abreißen lassen, denn die Balken waren faul. Der Innentreppe und der Schlosskapelle widmete er sich besonders. Als der Kurfürst starb, wurden die Bauarbeiten vollständig eingestellt. Anstelle eines hufeisenförmigen Grundrisses, war nur ein Gebäude in "L-Form" entstanden. Wilderich Graf von Walderdorff griff das Projekt etwa sieben Jahre später wieder auf. Er ließ Skizzen anfertigen, die aber nie verwirklicht wurden. Die Französische Revolution und ihre Folgen beendeten die Bauträume.
Dieses Gemälde, zeigt das Schloss Molsberg, wie es hätte aussehen können - wäre es gänzlich fertig gestellt worden.
Nicht nur der Vortrag, auch der Referent selber war faszinierend. Lemkes Leidenschaft für die Heimatkunde fußt auf der Sehnsucht, so die Geschichte besser zu verstehen und einen tieferen, bewussteren Blick für die Gegenwart zu erlangen. Lemke verband mit Begeisterung seine Fülle an Detailkenntnissen. Er suchte und fand mannigfaltige Verbindungen zwischen einzelnen Ortschaften der Region und über die Landesgrenzen hinaus sowie zwischen Gestern und Heute.
Baupläne, Originalhandschriften und sogar frühe Fotografien von 1867 (!) fügte Lemke in seinen Vortrag ein. Er bedauerte, dass der "nassauische Kulturkreis" im Laufe der politischen Entwicklung zerstört wurde und Molsberg an den Rand der Verbandsgemeinde, der Region und des Landes gedrängt habe. Dennoch: Heute ist das Schloss Molsberg die gute Stube des Ortes. Hier wird gefeiert - Kirmes und Markt - und auch der historisch bedeutende Schlosspark, 1999 auf Anregung des Schlossherrn Emanuel Graf von Walderdorff wieder als Gesamtkunstwerk revitalisiert, zieht viele Besucher an. Und eine der "bedeutendste barocken Schlosskapellen in Rheinlandpfalz", wie Lemke sie bezeichnete, wurde im vergangenen Jahrzehnt umfassend restauriert.